Einsichtsrecht Patientenakte

Die Berufsordnung der OPK sieht vor, dass PatientInnen auf ihr Verlangen hin unverzüglich die Einsicht in die vollständige, sie betreffende Patientenakte zu gewähren ist (§ 11 Absatz 1). 

Vollständig bedeutet in diesem Zusammenhang auch tatsächlich vollständig. Das Einsichtsrecht bezieht sich nicht nur auf die Aufzeichnungen objektiver Befunde und Berichte über Behandlungsmaßnahmen. Auch Niederschriften über persönliche Eindrücke und Wahrnehmungen des/der Behandelnden sind grundsätzlich offen zu legen. Auch der Bericht an den Gutachter der Krankenkasse gehört zur Patientenakte. Auf Verlangen von PatientInnen müssen Kammermitglieder diesen Kopien und elektronische Abschriften aus der Dokumentation überlassen.

mehrere Akten hintereinander
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Der Grund der/des PatientIn für die Wahrnehmung des Einsichtsrechts ist dabei unerheblich. Patientinnen haben keinen Anspruch darauf, dass Sie die Krankenunterlagen zur Mitnahme im Original herausgeben. Die Einsichtnahme in das Original hat daher an dem Ort zu erfolgen, an dem sich die Dokumentation vertragsgemäß befindet. Dies ist also in der Regel in der psychotherapeutischen Praxis. 

PatientInnen können jedoch auch eine Kopie oder eine elektronische Abschrift der Patientenakte oder einzelner Inhalte der Akte verlangen.

Das Recht auf Einsichtnahme kann durch PsychotherapeutInnen nur dann verweigert werden, wenn der Einsichtnahme erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. Diese Ausnahmen sind jedoch eng auszulegen. Die Einsichtnahme darf somit nicht pauschal unter Hinweis auf therapeutische Bedenken verweigert werden. Ein erheblicher therapeutischer Grund liegt z.B. vor, wenn aufgrund der Einsichtnahme mit einer erheblichen Gesundheitsgefahr, wie z.B. einem Suizid, für die/den PatientIn zu rechnen wäre. Sonstige erhebliche Rechte Dritter sind beispielsweise für die/den PatientIn unbekannte Vorerkrankungen oder Voruntersuchungen naher Angehöriger.

Bevor allerdings die Einsichtnahme verweigert wird, ist als milderes Mittel stets eine Einsichtnahme in Gegenwart einer Vertrauensperson in Erwägung zu ziehen. Bitte beachten Sie, dass der individuelle Einzelfall ist stets sorgfältig bewertet werden muss. Unter dem Verweigerungsgrund „sonstige erhebliche Rechte Dritter“ sind Drittgeheimnisse zu verstehen. Eine Verweigerung muss zudem von der/vom PsychotherapeutIn nachvollziehbar begründet werden. 

Unverzüglich Einsicht zu gewähren“ bedeutet in diesem Zusammenhang nicht, dass alles stehen und liegen gelassen werden muss, um diesem Recht der/des PatientIn nachzukommen. Unverzüglich heißt in diesem Fall „ohne schuldhaftes Zögern“, d.h. wenn es die Abläufe in der Praxis oder Klinik ermöglichen. Der/Dem PsychotherapeutIn wird jedoch auch Zeit für die Prüfung eingeräumt, ob Gründe gegen die Gewährung des Einsichtsrechtes vorliegen. Aber sobald geklärt ist, dass die Bedingungen dafür nicht gegeben sind, müssen Sie die Einsichtnahme gewähren. Bis zur Gewährung des Einsichtsrechts kann es also durchaus einige Tage dauern.

Das oben beschriebene Einsichtsrecht von PatientInnen in die Patientenakte ist auch im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 630 g Abs. 1 und 2 BGB) geregelt. Folglich kann es für Sie nicht nur berufsrechtliche, sondern auch zivilrechtliche Konsequenzen haben, wenn PatientInnen widerrechtlich die Einsichtnahme in die Patientendokumentation bzw. die Herausgabe von Kopien verweigert wird.

Bitte beachten Sie, dass Kopierkosten für die erste Kopie der Patientenakte nicht erhoben werden dürfen. Eine Gebühr darf nur dann verlangt werden, wenn die/der PatientIn zuvor schon eine entsprechende Kopie kostenlos erhalten hat. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden.